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Vom Frosch bis zum Schlips: die faszinierende Herkunft von Sprichwörtern

7 Min.

Sprichwörter werden von Generation zu Generation weitergegeben und halten eine Fülle von Weisheiten und Lebenserfahrungen bereit. Manchmal lässt sich die Bedeutung hinter den Redewendungen jedoch nicht auf den ersten Blick erkennen. Wie kommt beispielsweise der Frosch in den Hals und warum heißt es „auf den Keks gehen“? Eine Reise in die Vergangenheit kann meist Aufschluss geben und die Herkunft von Sprichwörtern enthüllen.
Wir erkunden die Bedeutung von neun Sprichwörtern und erläutern, wie sie im Laufe der Zeit entstanden sind. Tauchen Sie mit ein in die Sprachgeschichte deutscher Redewendungen und glänzen Sie bei der nächsten Unterhaltung mit interessantem Hintergrundwissen zu verschiedenen Sprichwörtern.

Elisa Holzmann
Lifta Magazin Autorin

Unsere Top 9 Sprichwörter

In der deutschen Sprache gibt es viele Tausend Sprichwörter und Redewendungen. Wir haben eine Auswahl von 20 Redensarten getroffen und erklären die Hintergründe.

Einen Frosch im Hals haben

Der Ausdruck „Einen Frosch im Hals haben“ bedeutet, dass jemand heiser ist oder Schwierigkeiten beim Sprechen hat. Die Redensart soll durch ein Wortspiel im alten Rom entstanden sein. Wer einen Frosch im Hals hat, spürt meist eine Art Kloß oder Geschwulst im Hals. Im medizinischen Kontext wird eine unterhalb der Zunge gelegene Zyste „Ranula“ (auch „Froschgeschwulst“) genannt. Diese Bezeichnung ähnelt dem lateinischen Namen für Frosch stark: „rana“. Mit der Zeit etablierte sich daraus wohl der Satz „Einen Frosch im Hals haben“.

Auch in anderen Kulturen und Sprachen gibt es ähnliche Ausdrücke. Während die Engländer wie wir mit der Amphibie im Hals zu kämpfen haben („a frog in one’s throat“), ist im Französischen die Rede von einer Katze im Hals („avoir un chat dans la gorge“).

Mein Name ist Hase

Nahaufnahme von einem Hasen im Gras

Der Ausdruck „Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts!“ bedeutet, dass jemand nichts weiß oder unschuldig ist. Die Redewendung hat nichts mit den niedlichen, langohrigen Fellnasen zu tun. Sie geht stattdessen auf eine Anekdote über einen Heidelberger Jurastudenten des 19. Jahrhunderts zurück. Victor von Hase musste sich damals vor Gericht verantworten, weil er angeblich einem Freund zur Flucht verhalf. Dieser Freund und Kommilitone hatte bei einem Duell seinen Gegner erschossen und den geliehenen Ausweis der Legende nach im Nachbarland Frankreich verloren, von wo aus das Dokument seinen Weg wieder zurück zum rechtmäßigen Besitzer fand.

Bei der Befragung vor Gericht soll sich Viktor von Hase folgendermaßen geäußert haben: „Mein Name ist Hase, ich verneine die Generalfragen, ich weiß von nichts!“ Im Laufe der Zeit verkürzte sich die schlagfertige Antwort des Jurastudenten auf die heutige Redensart und ist seitdem ein Ausdruck von Unwissen oder Unschuld.

Auf/Unter den Nägeln brennen

Wenn Ihnen eine Sache auf oder unter den Nägeln brennt, deutet das auf die Dringlichkeit Ihres Anliegens hin. Die genaue Herkunft der Redensart hängt von der Formulierung ab: Die Variante „auf den Nägeln brennen“ stammt sehr wahrscheinlich von einem Brauch ab, den Mönche oder Priester früher während der Messe ausübten. Dabei klebten sie sich kleine Kerzen auf den Daumennagel, um in frühen Morgenstunden trotz fehlendem Tageslicht in ihrem Gebetbuch lesen zu können. Dauerte die Messe etwas länger, brannten die Kerzen immer weiter ab, sodass die Mönche Gefahr liefen, sich die Finger zu verbrennen. Aus ihrer Sicht konnte die Messe in einem solchen Fall wahrscheinlich nicht schnell genug vorbei gehen.

Die Variante „unter den Nägeln brennen“ hängt mit einer mittelalterlichen Foltermethode zusammen, bei der den Menschen brennende Holzspäne unter die Nägel geschoben wurden. Auch in diesem Fall handelt es sich um eine (mehr als) unangenehme Situation, die Sache hatte also eine gewisse Dringlichkeit.

Jemandem auf den Schlips treten

Mann mit Anzug rückt seine Krawatte gerade

Wer sich auf den Schlips getreten fühlt, ist beleidigt oder verärgert. Die Redewendung hat jedoch nichts mit der Krawatte (auch Schlips genannt) zutun, sondern geht auf ein Kleidungsstück des 19. Jahrhunderts zurück. Damals trugen Männer Gehröcke mit einem langen Zipfel, dem „Slip“ oder später „Schlips“ genannt. Dieser Zipfel befand sich an der Rückseite der Gehröcke und reichte manchmal fast bis zum Boden. Daher konnte es damals durchaus passieren, dass einem jemand auf den Schlips trat, worüber der Träger des Gehrocks natürlich verärgert war.

Auf dem Kerbholz haben

Jemand, der etwas auf dem Kerbholz hat, hat etwas verbrochen bzw. sich zu Schulden kommen lassen. Diese Redewendung hat eine mittelalterliche Herkunft: Das Kerbholz war noch bis ins 18. Jahrhundert ein Mittel zur Schuldenaufzeichnung. Händler und Händlerinnen verwendeten diese Hölzer, wenn jemand etwas bei ihnen kaufte, ohne es direkt bezahlen zu können.

Dabei wurden die Holzstäbe in zwei Teile gespalten und eine Kerbe in beide Hälften geritzt. Die Einschnitte auf dem Holz markierten die Schulden – einen Stock behielt der Händler oder die Händlerin und den anderen bekam der Käufer oder die Käuferin, sodass beide den Überblick über die Geldschulden behielten. Wenn jemand also etwas "auf dem Kerbholz" hat, hat er Schulden gemacht bzw. etwas Unrechtes getan.

Böhmische Dörfer

Luftaufnahme eines kleinen Dorfes umgeben von Wiesen und Feldern

„Das sind für mich böhmische Dörfer!“ – diese deutsche Redensart haben Sie vielleicht auch schon einmal verwendet, wenn Sie etwas nicht verstanden haben oder eine Sache Ihnen völlig unbekannt war. Der Ursprung des Sprichworts liegt in Böhmen, einer Region in Tschechien. Obwohl das Gebiet an Deutschland grenzt, sind sich die tschechische und die deutsche Sprache alles andere als ähnlich. Böhmische Ortsnamen klingen für deutsche Ohren also schon immer fremd und sind nur schwer auszusprechen. Dadurch sagen wir auch heute noch, dass uns etwas so fremd ist wie „böhmische Dörfer“.

Etwas springen lassen

Wenn Sie „etwas springen lassen“ sind Sie großzügig und spendieren anderen etwas. Das Sprichwort stammt aus dem Mittelalter: Wenn damals jemand etwas bezahlte, beispielsweise in einem Lokal, war es üblich, die Geldmünzen schwungvoll auf den Tisch zu werfen. Durch diesen Brauch wollten die Menschen früher zeigen, dass ihre Münzen schwer und das Geld somit echt ist. Gleichzeitig verdeutlichte diese Geste auch, dass derjenige, dem die Münzen gehörten, finanziell etwas zu bieten hatte.

Lampenfieber bekommen

Frau an einem Pult mit Mikrofon tupft Schweiß ab

Feuchte Hände, rasender Puls oder ein trockener Mund: Nervosität oder Angst vor einer bevorstehenden Aufführung oder Präsentation kennen viele Menschen. Sicherlich hatten Sie auch schon einmal Lampenfieber in Ihrem Leben. Diese Redewendung hat ihren Ursprung wahrscheinlich im Französischen. Der Begriff „fievre de rampe“ bedeutet in etwa „Rampenfieber“ und war im 19. Jahrhundert ein gängiger Ausdruck für die Angst und Aufregung von Theaterschauspielern und -schauspielerinnen.

Eine alternative Erklärung der Herkunft von Lampenfieber geht hingegen auf Bühnenscheinwerfer zurück. Diese strahlten früher besonders viel Hitze ab, sodass die Menschen auf der Theaterbühne regelrecht ins Schwitzen kamen.

Auf dem Kieker haben

Wenn jemand Sie "auf dem Kieker" hat, hat die Person ein Auge auf Sie geworfen und beobachtet Sie ganz genau. Meist stecken dahinter Misstrauen und die Erwartungshaltung, dass Sie einen Fehler begehen werden. Der Ausdruck stammt wahrscheinlich aus der norddeutschen Seemannssprache, in der ein "Kieker" ab dem 18. Jahrhundert ein Fernrohr oder Fernglas war. Noch heute steht das plattdeutsche Wort „kieken“ für „gucken“ und verdeutlicht den Ursprung der Redewendung. Wenn Sie also heutzutage jemand auf dem Kieker hat, benötigt er oder sie längst kein Fernrohr mehr, um Sie ganz genau zu beobachten.

Fazit

Hätten Sie gewusst, dass Kerbholz mit einer mittelalterlichen Schuldenaufzeichnung zu tun hat? Oder dass hinter der Redewendung „unter den Nägeln brennen“ eine grausame Foltermethode steckt? Oft liegt die Herkunft von Sprichwörtern so weit in der Vergangenheit, dass die Verbindung zum Ursprung heutzutage fast ganz abgerissen ist. Was bleibt, sind eine Vielzahl von Redewendungen, die sich fest in unseren Sprachgebrauch verankert haben.

Von welchem Sprichwort wollten Sie schon immer mal die Bedeutung wissen? Oder kennen Sie vielleicht bereits spannende Hintergründe zu einer Redewendung? Schreiben Sie es uns in den Kommentaren.

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